Am Tag des Crossings ging der Wecker mal wieder zu einer unverschämten Zeit los: 0545h. Nach einem wirklich beschleunigtem Aufstehen, „Frühstück“ und der ca. 30 Minütigen Fahrt nach Ketetahi waren wir auch schon im Shuttlebus gesessen. Diese Busse lesen einem am eigentlichen Endpunkt der Wanderung auf und fahren einen zum Startpunkt. Auf diese Weise wartet nach einem langen Tag sein eigenes Auto auf einen und man kann sich alle Zeit der Welt für den Weg nehmen, da man keinen Rücktransport erwischen muss. Für 35$ bei ebenfalls grob 30 Minuten Fahrt kann man sich da nicht beschweren.
Doch was ist egtl. dieses Crossing?
Das Tongariro Alpine Crossing ist eine der bekanntesten und beliebtesten Wanderungen Neuseelands. Mit einer Gesamtstrecke von ca. 20km und einer zu überwindenden Höhendifferenz von +/-1196m scheinen die Eckdaten gar nicht mal so schlimm. Doch die exponierte Lage mancher Wegstrecken und die Höhenlage im Gesamten macht den Track zu einer alpinen Unternehmung. Völlig unerfahren bzw. unvorbereitet sollte man hier nicht antreten, da sich die Wetterbedingungen extrem schnell ändern können, da die Region fast 70% Regentage im Jahr aufweist und da das bewanderte Gebiet durch bzw. um noch aktive Vulkane führt, sodass Eruptionen und Felsabbrüche alles noch unberechenbarer machen können.
Trotzdem laufen hier bestimmt tausende Touris im Monat, also kanns auch nicht so schlimm sein.
In Mangatepopo (1120m), dem offiziellen Startpunkt, angekommen, offenbarte sich das, was der volle Shuttlebus bereits vermuten ließ: sehr viele Wanderer haben sich das Tongariro Alpine Crossing an diesem wunderschönen Tag vorgenommen. Da weitläufig eher Panik gemacht wird (äußerst fordernde Wanderung, Dauer bis zu neun Stunden), fangen die meisten dann eben auch – wie wir – in den Morgenstunden an.
Die ersten 4km des Weges sind überwiegend auf Boardwalk, durch die umgebenen Gebirgszüge windgeschützt und so gut wie gar nicht anstrengend. Kurz um: diese Kilometer sind nicht repräsentativ für den Rest der Strecke. Sollten hier bereits schlechte Bedingungen herrschen, sollte man eher ans Umkehren denken. Die hierfür benutzte Landmarke Soda Springs (1400m) liegt auf einem etwa 5 minütigen Seittrip und zeigte uns beim Erreichen nur eines:
Weiter! Das Wetter ist fett!
Also ging es weiter. Von nun an wird der Weg zunehmend fordernder, aber keinesfalls unschaffbar. Die mit Flecktarn versehenen Plumpsklos geben einem eh das Gefühl einer Sonntagswanderung als einer gefährlichen Expedition. Die sich hier bildenden Schlangen waren auch eine gute Möglichkeit, viele der langsameren Wanderer zu überholen, da das auf den engen Wegen teilweise schwierig war…
Zügig erreicht man dann den South Crater (1600m), der als zweiter Entscheidungspunkt dient. Von nun an wird es nämlich nicht nur anspruchsvoller, sondern auch kälter und exponierter. Starke Winde oder dichter Nebel sollten einen, falls sie hier auftreten, ebenfalls zum Umkehren bewegen.
Denn von hier schraubt sich, nach der Durchquerung des wie eine Ebene wirkenden Kraters, der Devils Staircase als steilster, teils stufiger, teils gerölliger Abschnitt des Weges zwischen Mt. Tongariro und Mt. Ngauruhoe zum höchsten Punkt der Wanderung nach oben:
Dem Red Crater (1868m).
Von hier blickt man in der einen Richtung auf den o.g. Mt. Ngauruhoe und in der anderen Richtung zum einen auf die heiligen Emerald Lakes und zum anderen auf den weiter entfernten Blue Lake.
Außerdem war nun die – so gut wie – Halbzeit erreicht, sodass man die Aussicht bei einer kleinen Pause und ein paar wenigen Fotos auf sich wirken lassen konnte. Selbst bei den bei uns vorherrschenden perfekten Wetterbedingungen sind bereits ein paar Wanderer im Geröll ungünstig ausgerutscht oder von einer Böe bei instabilem Stand aus dem Gleichgewicht geblasen worden, sodass einem hier oben die Warnungen dann doch verständlicher erschienen.
Irgendwann ging es dann aber runter zu den Emerald Lakes. Hierfür musste man ca. 100 Höhenmeter im Geröll quasi runterrutschen.
Wer zögerte, der fiel.
Bestimmte, dabei sichere Tritte, bei denen man bewusst ein/zwei Meter rutschte, waren hier der Schlüssel zum Erfolg und der Weg zum bekannten Fotospot:
An den Seen selbst bestaunte man dann eher das Farbenspiel, die karge Landschaft und sah den anderen Mitstreitern beim Abstieg zu. Der strahlende Sonnenschein lud zudem zu einer erneuten Pause ein.
Von hier hätte man eigentlich nach links zum Abstieg abbiegen sollen, jedoch waren wir aufgrund unserer Geschwindigkeit bereit, einen kleinen Seittrip nach rechts zu starten. Somit wanderten wir nun offiziell auf der Strecke des Tongariro Northern Circuits, einem weiteren Great Walk. Dieser verwandelt das Crossing in einer 2-3 Tageswanderung in einen Loop und wäre, bei verfügbarer Hüttenoption, meine erste Präferenz gewesen. Da aber auch hier alles ausgebucht war, gingen wir eben nur einen Teil des Weges in Richtung Oturere Hut um einen Blick nach Mordor zu erhaschen:
Zurück auf dem eigentlichen Weg dauerte es dann nicht mehr lange, bis man den auf 1725m liegenden Blue Lake oder Te Wai Whakaata o te Rangihiroa erreichte.
Eine Pause mit kühlem Bier wie bei diesem Herren schenkten wir uns…
…warfen stattdessen noch einen letzten Blick hinter uns…
…und starteten den grob 10km langen Rückweg. Dieser hielt neben einer anfänglichen Aussicht auf den Lake Rotoaira und ein paar aktiven Geothermiedampffahnen nicht allzu viel spannendes bereit.
Das war auch der Grund, warum ich die letzten 6km herunter gerannt bin, da ich diesen ewigen, monotonen und unspannenden Abstieg nicht mehr ausgehalten habe. Am Endpunkt angekommen war ich dann auch mehr erleichtert darüber, dass der Abstieg vorbei ist, als dass das Crossing geschafft wurde. Denn trotz unserer vielen Fotopausen und dem Extraschlenker Richtung Oturere Hut war ich nach exakt 6 Stunden am Endpunkt angelangt und keineswegs ausgepowert.
Haben sich die vergangenen Wanderungen doch bezahlt gemacht 😉
Erweitern kann man diese Wanderung übrigens nur noch, indem man sie „falsch“herum läuft, da man so 350hm mehr überwinden muss. Seitenabstecher zu den Gipfeln des 2291m hohen Mt. Ngauruhoe beziehungsweise des 1967m hohen Mt. Tongariro sind seit 2018 nämlich nicht mehr erlaubt und die Pfade unmarkiert/verschüttet.
Eine halbe bis dreiviertel Stunde später kam dann auch Lisa dazu. Jetzt waren wir dann doch ein bisschen wehmütig, dass wir noch grobe 800m extra zu unseren Autos beim Ketetahi Car Park (760m) laufen mussten und uns nicht wieder eines dieser Shuttle mitgenommen hatte:
Doch auch dieser Schmerz ging vorbei, sodass wir kurz darauf im Motouapa Motorcamp zwischen zwei Österreichern und drei Deggendorfern mal wieder ein Hummus Cracker Cider Abendessen beim Sonnenuntergang einnahmen.