Scenic Mt. Taranaki

Nachdem ich, wie im letzten Beitrag schon erwähnt, gerade so um ein 200$ Instantfine herumgekommen bin, haben wir am Morgen des 31ten Tages nach einem genüßlichen Rühreifrühstück mit Meeresblick dann auch die Freedomcampsite verlassen. Ob nun über die West- oder Ostküste der Weg nach Norden beschritten wird, haben wir anhand der besseren Wettervorhersage für den Westen pragmatisch entschieden.

Auf der Fahrt hielten wir in Paekakariki für einen Teil des Te Araoa Wanderwegs, den Kohe Kohe Loop. Dieser Loop ist nur eine der ca. 300 Sektionen des über 3000km langen Coasttrails. Der Weg an sich war nicht ganz so gut präpariert wie die übrigen bisher von mir gelaufenen, was dann auch relativ schnell dazu führte, dass mein Flipflop ausgerissen ist. In große Trauer stürzte uns dieser vorzeitige Abbruchgrund nicht sonderlich, da wir zum einen eh nicht sooo motiviert waren und zum anderen der Weg relativ nahe am Highway entlang führte und aussichtstechnisch auch nichts neues zu bieten hatte – das haben wir nämlich alles schon bei der Anfahrt vom Auto aus gesehen.

Die nun gewonnene Zeit nutzen wir für ein entspanntes Sitzen am hiesigen Strand mit einer ewigen Unterhaltung über Gott und die Welt.

Am Spätnachmittag brachen wir dann schließlich Richtung Wanganui auf, um uns zügig dem eigentlichen Ziel – Mt. Taranaki – zu nähern. Auf der Fahrt gab es erneut einen kleinen Zwischenfall, da ich in Otaki einen Doppelsteinschlag in der Windschutzscheibe abbekommen habe. Bei meinem eigenen Auto würde mich das nicht sonderlich beunruhigen, allerdings war ich wg. des Procederes bei Mietwägen verunsichert. Das hieß dann also ein ungelogen über einstündiges Herumtelefonieren mit endlosen Weiterleitungen von Christchurch nach Wellington, Auckland und wieder zurück.

Service nach den normalen Öffnungszeiten zu erhalten ist in Neuseeland auch über die 24/7 Nummern äußerst zeit- und nervenaufwändig.

Das Ende vom Lied war dann, dass ich auf den nächsten Morgen vertröstet wurde und eine Weiterfahrt nicht verboten wurde. Warum nicht gleich so? Also weiter nach Wanganui und dort in der Bar der Campsite ein kühles Blondes genießen 😉

Der nächste Morgen war leider verhangen, sodass die Aussicht vom War Memorial nur halb so spannend war. Weiter Richtung Hawera, der Milchprodukteregion Neuseelands, klarte es deutlich auf. Leider war hier der Aussichtswasserturm wegen Instandhaltung geschlossen…

Doch von hier war es nicht mehr weit zum ikonischen Mt. Taranaki. Dieser Vulkan wird auch als Mt. Egmont bezeichnet und ist weit und breit mit seinen 2518m die höchste Erhebung im Nordwesten. Schon von der Ferne lässt sich diese dem Schicksalsberg ähnelnde Formation spotten. Um diese Fotogenität voll auszukosten, nahmen wir uns gute drei Tage Zeit. Aus verschiedenen Himmelsrichtungen mit verschiedenen Vordergrundmotiven gibt dieser Berg – bei klarer Sicht – nämlich immer ein Topmotiv ab.

Beispielsweise von der Egmont Road südl. von Egmond Village. Hier konnte ich mich deutlich sicherer an dem „Walking towards a moutain“ Motiv spielen, da wir direkt nebenan campierten:

Beim nördl. des Berges liegenden Lake Mangamahoe drängten sich natürlich ebenfalls klassische Bildkompositionen auf. Dieses Reserve ist zudem etwas unscheinbar ausgeschildert, sodass ich es fast als kleinen Geheimtipp bezeichnen würde.

Für einen Shot in der Golden Hour des Sonnenuntergangs fuhren wir einmal um den Vulkan zum Cape Egmont Lighthouse an der Westküste. Hier probierte ich mich ab meiner ersten Timelapseaufnahme und komponierte einen Klassiker: Leuchtturm im Vordergrund, Bergmassiv im Hintergrund.

Doch bei dem ganzen Herumfotografieren haben wir natürlich auch in die andere Richtung gesehen, und mit Hummuscrackern, Camembert sowie kühlem Cider den Sonnenuntergang an sich auch genossen (auch wenn Lisa den Camembert bis heute abstreitet):

Nach diesen Souvenirs in Bildform stellt sich die Frage, ob man das noch toppen kann. Ja, kann man, und ja, ich wollte es auch noch toppen. Hierfür planten wir eine Nacht in der Pouakai Hut zu übernachten. Diese Hütte liegt etwas über 1000m und zählt zu den beliebtesten der Region, da die nahegelegenen Pouakai Tarns das Fotomotiv schlechthin ergeben. Mit nur 16 nicht reservierbaren Matratzen war ich allerdings berechtigterweise besorgt, bei einem zu späten Aufstieg keinen Schlafplatz mehr zu erhalten.

Also entschieden wir uns spontan für einen Sunrise-hunt!

Der für mich bei höchster Motivation nur 75-minütige Aufstieg erfolgte über den mittels Boardwalk und Stufen ausgebauten Mangorei Track. Bei sternenklarem Himmel und Windstille am Parkplatz steckte man die Erwartungen hoch, am Grat angekommen wurden diese von 50km/h Windböen jedoch weggeblasen, mich samt Rucksack fast inbegriffen. Trotzdem war es einen Versuch wert, zu den Tarns zu laufen. Ohne jegliche Sicht auf den Mt. Taranaki konnte man an diesem Morgen nur einen kurzen Blick aufs Morgenrot über den Peaks Maude & Henry erhaschen und so trotzdem eine dramstische Szene ablichten, ehe die gesamte Landschaft im Nebel unterging:

Die restliche Zeit, komplett in blickdichten Grau verhangen, versuchten wir uns in der Hütte etwas aufzuwärmen. Bei durch den Wind wackelnden Wänden nicht sonderlich entspannend. Doch auch dieses Wetter klarte – zum zuverlässigem Wetterbericht passend – gegen Mittag auf, sodass wir beim erneuten Abstecher zu den Tarns ein fast perfektes Bild schießen konnten – es war nur nicht windstill genug:

Hier nun bis zum Sonnenuntergang zu warten wäre etwas zeitverschwendend gewesen, also starteten wir den noch geöffneten Teil des Pouakai Loops zur Holly Hut. Dieser Weg führte unter anderen durch die Ahukawakawa Wetlands. Die hier eingelegte Pause im strahlenden Sonnenschein musste dann auch fotodokumentiert werden:

Beim Rückweg stärkten wir uns noch in der mittlerweile vollen Hütte mit etwas zu Essen und plauderten mit der Hüttenwärtin, die für heute Nacht bis zu 25 Wanderer ins Haus ließ – neun davon eben auf dem Boden.

Doch dann stand auch schon der Sonnenuntergang an. Für mich hieß das schnell zu den Tarns marschieren und mein Setup einrichten. Hier traf ich dann auf David aus den USA. David fiel vor allem durch seine Analogkamera auf. Mit Stativ, Isomesser und 15$ Filmrollen gab er sich an diesem Spot ganz der Landschaftsfotografie hin. Klar dass man da ins Gespräch kommt. Irgendwann plaudert man über die eigenen Berufe und nachdem ich ihm ca. eine halbe Stunde erklärt habe, dass ich Medizin fertig studiert habe und ich vielleicht in die Anästhesie gehen werde, droppte er ganz beiläufig folgendes Statement:

You know what I do for living back in the States? I am an Anaesthesiologist in San Francisco!

Was für ein Zufall! Bei meinem derzeit ins Auge gefassten Weiterflug von Hawaii nach SF habe ich nun also jemanden im Bekanntenkreis, der mir den einen oder anderen Insidertipp, Fototipp und vielleicht auch Praktikumstag im OP zuspielen kann.

Genial!

Doch nun zurück zum eigentlichen Thema: Mt. Taranaki vor den Pouakai Tarns.

Auch in dieser Golden Hour gab es nur ein kleines Zeitfenster von wenigen Minuten, in dem das Licht gelborange war, der Wind fast zum Nullpunkt abflachte und somit eine nahezu perfekte Spiegelung kreierte:

Doch auch am nächsten Morgen war uns der Wettergott so hold, dass zwei weitere Traumbilder entstehen konnten.

Zum einen der feuerrote Sonnenaufgangshimmel mit dramatischen Wolken im Vordergrund:

Zum anderen ein kurzer Moment, der einer Herr der Ringe Szene auf magische Weise glich: im mystischem Nebel vor dem Vulkan erkennt man die Silhouette eines Wanderers mit Umhang. Ist es Frodo auf dem Weg zum Schicksalsberg? Oder doch nur Alex mit dem Schlafsack? Man wird es nie erfahren 😉

Mit diesen instafamous Shots auf der SD Karte störte es mich dann auch nicht wirklich, als fünf Minuten später die gewohnte und hier eigentlich übliche Aussicht wieder eintrat:

Von nun an stand also nur noch der Abstieg an. Nach ca. 2h waren Lisa & ich dann auch wieder am Auto angekommen und begannen den Tag mit Rührei, Kaffee und einen Belohnungscider, bis der nächste Zufall eintrat:

David kam auch irgendwann dazu. Ratet mal, wo er auf dem 100 Plätze starken Autoparkplatz sein Jeep abgestellt hat.

Richtig.

Exakt neben Rüdiger.

Auf diese Weise „verzögerte“ sich unsere Weiterfahrt wegen Geschichten ausm Paulanergarten (oder dem Krankenhaus) um noch gute zwei Stunden, ehe man in New Plymouth über die Te Rewa Rewa Brigde einen letzten, szenischen Blick in Richtung Mt. Taranaki genießen konnte: