Key Summit Sunrise und Routeburn Track

Der Plan für den zehnten Tag war, den Key Summit zum Sonnenaufgang erklommen zu haben. Dieser findet so gegen viertel nach sechs statt, für den Aufstieg planten wir 1.5 Stunden ein und die Anfahrt von der DOC Site am Lake Gunn belief sich unter 10 Minuten. Summa summarum hieß das also:

4 Uhr Wecker, 4 Uhr 15 Abfahrt, 4 Uhr 30 Abmarsch.

Dieses ambitionierte Programm haben Lisa und ich tatsächlich ohne zu meckern durchgezogen. Der erste, angenehm steile (also nicht zu flache) Aufstieg erfolgte im Schutz der Bäume in totaler Dunkelheit. Hier waren Stirnlampen natürlich unentbehrlich! Irgendwann kamen wir auch zu einem Wegweiser und erst dann wurde mir klar, dass wir für heute ja einen Teil des Routeburn Great Walks geplant hatten – Zufälle gibts 😉

Der Aufstieg von hier war noch etwas steiler, dafür aber dank hell strahlendem Mond auch ohne künstlicher Lichtquelle möglich. Ein solcher Aufstieg unter dem Himmelszelt bei nahezu absoluter Stille hat schon was. Und ja, das auf dem Bild ist der Mond!

Nach 75 Minuten waren wir dann am Gipfel angekommen. Schneller als gedacht. Doch auch nach etwas Wartezeit ließ sich die Sonne um kurz nach sechs noch nicht blicken, da wir wohl beide vergessen haben, dass sie ja noch die Bergkette überschreiten muss, ehe die wärmenden Strahlen unsere Haut treffen können.

Doch das wae bitter nötig, denn Lisa fror dank des kalten Windes sehr. Trotz ihrer Zwiebelschalentechnik beim Einkleiden, bereits sieben (!) Getragenen Schichten und trotz einer von mir gesponsorten extra Schicht in Form meines wärmenden Windbreakers hats wohl nicht gereicht. Die Temperaturkomfortzone war noch weit entfernt 😉 Doch irgendwamm kam dann Justín aus Frankreich auch auf den Gipfel und bot nochmal zwei Lagen an: mit Fleece gefüllte Baustellenjacken. Dann endlich war die Wohlfühltemperatur erreicht – zumindest fast.

Beim tatäschlichen Sonnen“aufgang“ um 0730h dann wurde uns aber schnell warm, sodass wir voller Freude Zeit und Lust auf ein Gruppenbild hatten:

Auch die bisher ungesehenen Aussichten und kleinen Pools hier oben gaben schöne Motive ab:

Justín ist dann im Ultratempo abgezischt, wir sind gemütlich zur Howden Hut marschiert, wo wir eine kleine Frühstückspause einlegten. Verzaubernd waren hier die Lichtstrahlen, wie sie durch das Walddickicht brechen oder der morgendliche Dunst des eiskalten Bergquellwassers.

Auch wenn das Bild etwas anderes aussagt, die Idee, Naan mit Honig vorzubereiten und dann als Frühstück zu essen stellte sich als nicht ganz so optimal heraus – da es einfach nicht schmeckte… sie lässt sich aber nichts anmerken 😉

Doch die Energie brauchten wir – weggeschmissen wird also nichts! Schon nach kurzer Wanderstrecke haben wir allerdings festgestellt, dass unser beider Tempo nicht zusammen passt. Also hat Lisa mich mit den Worten „geh du nur vor, wir treffen uns am See“ vorausgeschickt.

Gesagt, getan. Eine Stunde später erreichte ich das Halbetappenziel: die Earland Falls. Über 174m prasst hier das Wasser herunter. Die Querung keine fünf Meter vom Wasseraufprall entfernt über rutschige Steine war dann dank des Windes und des Sprühnebels zum einen nass und zum anderen kalt – aber auch erfrischend! für den „Beweis“ habe ich mein Stativ irgendwie zwischen die Steine geklemmt und die Linse bis zum letzten Moment vorm Auslösen mit der Hand vor Wassertropfen geschützt, sodass ein echt cooles Bild entstand:

Der weitere Weg war zunehmend in der Sonne bzw. auch ein bisschen exponierter. Auch für die zweite Hälfte der Strecke benötigte ich etwas mehr als eine Stunde, ehe dann endlich die Mackenzie Hut am Mackenzie Lake zu sehen war. Hier staunte erst ich, später dann auch Lisa nicht schlecht, wie schön die Welt doch sein kann:

Am Kiesstrand trafen wir auf andere Wanderer, die ihre Kleidung in der Sonne trockneten, da sie alle wohl am Vortag vom Regen durchnässt wurden. Wenn also der Morgen Sonne bereithält, ist so eine Regenflut ja gar nicht sooo schlimm, wenns allerdings gar nicht mehr warm oder trocken wird, kann so ein Abenteuer glaub schnell kacke werden… hier muss ich mir nochmal ganz genau überlegen, ob und wie ich einen Great Walk mache.

Warm ist aber das Stichwort: das wars nämlich. Und wir waren müde. Also entspannten wir uns ein wenig in der brutzelnden Bergsonne:

Lisa ist dann tatsächlich kurz eingenickt 😉

Diese Zeit habe ich genutzt, um zu einem weiteren Spot weiter am Ende des Sees zu laufen und den Split Rock zu erkunden: ein riesiger, gespaltener Felsball.

Doch auch dieses entspannte Leben hatte irgendwann ein Ende, da ich unbedingt noch eine weitere Aussicht haben wollte. Der Harris Saddle war leider zu weit entfernt (wenn man den Rückweg einberechnet), also sind wir nur einen Teil dieses Aufstiegs, nämlich bis zur Baumgrenze, gelaufen. Von hier hatte man einen ganz passablen Überblick:

Nach dieser letzten Belohnung aind wird gegen 15 Uhr zum Auto aufgebrochen. Dieser Rückweg war die Hölle, da einfach nichts neues auf uns wartete. Jegliche Motivation war dahin, aber wir mussten zurück. Ein kleines Trostpflaster gab es allerdings: von der Ferne sah man erst, wie mächtig die o.g. Wasserfälle waren:

Gegen 1815h waren wir dann endlich am Car Park The Divide angekommen.

Fertig, müde und platt.

Da stand nur noch eins auf dem Plan: ab nach Te Anau in einen etwas teureren Holidaypark mit Dusche, Waschmaschine, Chillout Lounge und Kühlschränken für unser wohlverdientes Cider.

Prost!