Warum so ein übertriebener Titel? Ganz einfach: Ich bin in den USA, hier ist alles Grand oder Great! Isso.
Nun denn, nachdem ich den gesamten Rim Walk abgelaufen bin, somit also den Grand Canyon von oben im ausreichender Weise erkundet habe, war es an der Zeit, dieses Naturungestüm von „innen“ bzw. „unten“ zu begutachten.
Hierfür bieten sich im Prinzip zwei populäre Hikes an: Bright Angel und South Kaibab. Allerdings macht die verfügbare Wanderkarte gut Panik, dass man auf keinen Fall versuchen soll, einen dieser Trails bis zum Colorado River runter zu laufen und am selben Tag wieder zurück. Für unerfahrene Amerikaner – äh Wanderer ist diese Warnung sicherlich nicht schlecht, da man in diesem Fall erst 1300 bis 1400 Höhenmeter auf zwischen 11 und 15km herunter läuft und diese Meter dann wieder nach oben muss. Seine Kräfte und Vorräte hier einzuteilen muss wohl bedacht sein. Deswegen empfehielt die Broschüre per Farbcode grün für „Have fun“ nur die ersten Stops nach 200hm/1.4km, gelb codiert für „be careful“ die Etappen bis 600hm über 5km und danach rot für „seek advice“ alles fernere.
Ihr könnt es sicher ahnen: ich habe diese Warnung wahrgenommen – und für mich als nicht zutreffend kategorisiert.
So plante ich für mich also folgende Route: South Kaibab runter bis zum Hochplateau, dort über den Tonto Trail von Ost nach West hin zum Bright Angel Trail für den Aufstieg. Mit dem dann spontan eingebauten Seitenschlenker zum Plateau Point warteten hier grob 28km Strecke mit 1100hm runter und wieder hoch auf mich. Letztere sind allerdings jeweils auf grob 7km verteilt, somit also 14km Ab- bzw. Aufstieg und 14km mehr oder weniger flaches Terrain.
Des gesamten Abstieg zum Colorado River im ersten Teil der Wanderung habe ich mir zwar überlegt, jedoch fehlte mir dazu die Zeit, da ich aus Sunrisegründen dann doch erst um 0900h gestartet bin. Statt um 0600h. Greeeat. Dafür gabs aber neue Bilder 😉
South Kaibab Trailhead hieß also die erste Station. Von hier ging es einen sandigen, teils mit alten Holzplanken gesicherten, gewundenen Weg hinunter.
Kurze Zeit später war dann schon der erste Checkpoint zu sehen:
Ooh Aah Point war erreicht. 230hm und 1.1km des Gesamtabstiegs. Etwas von Getümmel gelöst…
…konnte man dort auch ein schönes Erinnerungsbild schießen.
Weiter ging es, wieder serpentinenartig nach unten bis zur Cedar Ridge (insg. nach 340hm über 2.4km)
Von hier hatte man eine hervorragende Sicht auf die promient rote O’Neill Butte (1853m).
Hieran führte der Weg östlich vorbei und zog sich auf entspannte Weise über 2.4km bis zum Skeleton Point (insg. nach 620hm über 4.8km)
Bei Blick nach Westen zeichnete sich auch schon, ganz fein, der spätere Tonto Trail ab:
Jetzt aber fingen die richtigen Serpentinen an. Über 10 Kehren waren zu durchlaufen bis es wieder etwas geradliniger wurde.
Diesen Abstieg musste ich kurz für einen Muli Zug pausieren – denn diese haben immer Vor“fahrt“.
Direkt an einer Felswand ging es weiter, bis nach 2.4km der Schnittpunkt The Tipoff (insg. nach 1100hm über 7.2km) erreicht war.
Von hier führte mein Weg aus Zeitgründen wie o.s. nicht weiter zum Colorado River, sondern nach Westen über dieses grünsteppige Hochland entlang des Tonto Trails.
Auf dieser insgesamt 6.7km langen Strecke war nicht viel an Höhe zu überwinden, jedoch war der gesamte Weg der Sonne exponiert, weswegen mich die Ranger auf Tipoff vermutlich explizit nach meinen Wasservorräten gefragt haben. Spannend war hier, wie sich mit jedem Schritt die Landschaft neu darzustellen schien:
Wer nun also aufgepasst hat, kann mir sicher beantworten, ob ich für dieses Bild zurück, also nach Osten gelaufen bin, oder ob die Kamera nach Osten zeigt und ich in die richtige Richtung laufe 😉
Nichtsdestotrotz war diese Strecke in deutlich weniger als 1.5h abgelaufen, ehe sich plötzlich grüne und farbig blühende Baumkronen aufspannten:
Der Wegweiser verschaffte schnell Klarheit: ich war beim zurecht als solchen bezeichneten Indian Garden (1158m) angekommen. Hier waren deutlich mehr Wanderer vertreten, als auf der gesamten bisherigen Strecke, allesamt erschöpft und nach der Wasserpumpe lechzend.
Doch warum? Die sind doch nur Bergab gelaufen! Schwach.
Hier traf ich auch auf dem Geologen Matt aus Manchester. Er ließ seine beiden Töchter und seine Frau nach wenigen Kilometern wieder aufsteigen, da sie sehr zu kämpfen hatten. Er allerdings wollte das Ding durchziehen – den Bright Angel Trail. Als einer der wenigen Hiker hatte er ziemlich exakt mein Tempo drauf, sodass wir den 2.5km langen Weg (einfach) zum Plateau Point gemeinsam marschierten. Dort angekommen gab es einen Condor zu bestaunen, einen tiefen Einblick nach Westen und eine gute Sicht auf den Colorado River im Osten.
Zurück im Indian Garden haben wir kurz unsere Wasservorräte aufgefüllt und entschieden dann, auch den Rest des Aufstiegs gemeinsam zu bestreiten. Gute 925hm sind von nun an auf 7.2km zu besteigen. Von unten sieht das ganze alles andere als motivierend aus:
Vom Trailhead Overlook am Tag zuvor fotografiert sieht der Weg dann so aus:
Hilft nix, los gehts.
Zeit für Bilder habe ich mir hier allerdings nicht mehr nehmen können, da der Aufstieg anstrengender war als gedacht (insbesondere nach der Vorgeschichte des Tages und unseres Tempos). Glücklicherweise gab es auch hier Checkpoints, die zur Orientierung und Einschätzung dienten:
– 3 Mile Resthouse (645hm und 4.8km to go)
– 1 1/2 Mile Resthoue (340hm und 2.4km to go)
– Lower Tunnel (180hm und 1.6km to go)
Zwischendurch war man durchaus in Versuchung, sich von der rückwärtigen Aussicht zu „unnötigen“ Pausen verführen zu lassen…
…doch spätestens ab dem 1 1/2 Meilen Klo war es eh ein ständiger Wechsel zwischen Überholen, Pausieren, überholt Werden und die selben Wanderer wieder Überholen. Als dann das Kolb Studio in Sicht war, raffte sich aber jeder zu einer Art Endspurt auf, sodass der letzte Checkpoint, der Upper Tunnel (20hm und nur noch wenige hundert Meter to go), kaum Bedeutung hatte.
Oben angekommen, sah man die Erschöpfung wie gleichermaßen Erleichterung in meinen Augen. 28km, ca. 2000hm überwunden, 07:20h Gesamtzeit.
Was n Ding!