Nach dem kurzen Intermezzo in Honduras hieß es dann Good Bye Alice, Lempiras und Exklusiv Zimmer der Legends mit Joe, bevor es zurück nach Guatemala ging. Der erste Stop hier sollte die Stadt Antigua sein. Von quasi allen Freundinnen und Freunden, die schonmal in Zentralamerika waren, wurde Antigua definitiv als Highlight hervorgehoben. Umso größer waren die Erwartungen in der gesamten Gruppe.
Vor Ort standen zudem ein paar organisatorische Dinge auf dem Plan: Der erste Teil der Tour sollte hier nämlich enden, was zu Folge hatte, dass es einen letzten Abend mit Hugo geben sollte und dass ein paar unserer Gruppe die Heimreise antreten, wir aber auch neue Gruppenmitglieder bekommen werden. Allerdings nicht nur neue Gruppenmitglieder, sondern nachdem Hugo gegangen ist, auch einen neuen Tourguide. So ganz glücklich waren wir alle nicht über diese anstehende Änderung, da wir uns irgendwie an den Hugostyle gewohnt hatten – dennoch waren diese Änderungen unausweichlich.
Doch alles der Reihe nach.
Denn noch von David aus San Francisco, den ich damals in Neuseeland beim Mt. Taranki getroffen hatte, habe ich die Empfehlung bekommen, einen der umliegenden Vulkane zu erklimmen. Leider konnte ich mich nicht mehr richtig an den Namen erinnern und der Kontakt zu Quelle war auch leider eingeschlafen, sodass ich mich auf Empfehlungen vor Ort verlassen musste. Zur groben Auswahl am Ende gehörten die Vulkane Acatenango und Pacaya. Im Sinne schöner Momente und Foto-opportunities wollte ich natürlich zu Sonnenauf- und untergängen an den jeweiligen Orten sein. Und genau hier ging die logistische Problematik los: Zwar bot der von G Adventures empfohlene Touranbieter OX-Expeditions einen jeden Vulkan an, doch musste man eben für die Golden Hours dann jeweils über Nacht bleiben. Primär würde mich eine solche Campingerfahrung nicht abschrecken, jedoch würde ich dann die Ankunft der neuen Leute, den ersten gemeinsamen Abend, den neuen Tourguide und ordentlich Zeit in Antigua verpassen. Auf der anderen Seite wollte ich aber auch nicht auf einen der beiden Vulkane verzichten, da beide an Intensität und Art der Erfahrung komplett unterschiedlich schienen. Glücklicherweise musste ich hier nicht alleine überlegen, da Alice und Darragh auch mit dem Gedanken spielten, beide Berge zu erklimmen.
Warum eigentlich nur die beiden? Nun zum einen hat sich der Spirit in der Gruppe eher zum entspannten das Leben Genießen gewandelt, als zum abenteuerlichen Wandern und Campieren. Zum anderen wurde vor allem der Hike auf den Acatenango schon im Voraus als sehr anstrengend verkauft, sodass sich viele einfach nicht trauten…
Doch am Ende entschieden wir uns dann für das volle Paket, also Acatenango & Pacaya jeweils overnight. Im Klartext hieß das dann:
- Ankunft in Antigua, Hostel beziehen, Besorgungen für die Tour machen, Gepäck umpacken.
- Den Abend als den letzten Abend mit Hugo gebührend feiern.
- Am nächsten Morgen früh aufstehen, zum Adventure Office gehen, zum Trailhead fahren und den ganzen Tag wandern.
- Die Nacht auf dem Acatenango verbringen.
- Am Morgen den Gipfel erklimmen, Sonnenaufgang genießen, frühstücken, absteigen.
- Eine Stunde Lunchbreak in Antigua ehe es zum zweiten Trailhead geht: den Aufstieg zum Pacaya.
- Hier das gleiche Procedere: Basecamp erreichen, Camp errichten, übernachten.
- Den Gipfel hier kann man je nach Wetter schon nachts oder erst zu Sonnenaufgang erklimmen.
- Am dritten „Wandertag“ geht es dann zurück nach Antigua, das wir dann noch am selben Tag mit der neuen Truppe verlassen werden…
Man sieht: tighte Planung, jedoch wars mir das wert. Zeit, einen günstigeren Anbieter zu finden, war da natürlich auch nicht, jedoch kursierten etliche Horrorgeschichten, dass diese Never-come-back Agenturen schlechtes Equipment und zu wenig Proviant bereitstellen. So mussten z.B. manche bei Minusgraden auf über 3500m in einem Schlafsack schlafen, der nur bis +10°C ausgelegt war. Darauf hatte ich dann auch eher weniger Lust.
So ging es also damit los, dass ich meinen großen Rucksack komplett geleert hatte, um die nötigen Klamotten und Ausrüstungsgegenstände dort hinein zu packen. Zelt, Isomatte, Schlafsack und Hauptspeisen stellte Ox, zudem konnte man sich, falls man keine passenden Layer dabei hat, die zweite, dritte und vierte Layer mieten. Snacks allerdings musste man selbst besorgen: somit wurde aus den ersten Stunden in Antigua später Hugos großer Abend anstand:
Hier gingen wir in ein eher höherpreisiges Restaurant, das quasi alles auf der Karte komplett selbst zubereitet, also auch das Brot oder die Soßen und hierfür zudem nur lokale Biozutaten verwendet. Das hat man dann auch geschmeckt, sodass der Start in die sehr lange Nacht schonmal gelungen war.
Im Anschluss nahmen wir in einer Salsaschule an deren All you can drink Abend teil. Zeitlich begrenzt auf eine Stunde haben Joe, ich, die Isländer und egtl. jeder das absolute Maximum herausgeholt. Dass der Großteil der Truppe hier einige Stunden zuvor noch eine Salsastunde genommen hatte, war dann allerdings wieder vergessen, wo doch jetzt die Hüften extrem locker gewesen wären 😉
Weiter ging es dann in einen Nachtclub. Von hier an verlief der Abend einfach so, wie so Abende eben verlaufen. Wenn die Barkeeper vom Tresen gratis Shots aushändigen, wir als G Gruppe immer wieder Rabatte heraushandelten und die Musik einfach passte, kann man sich nicht beschweren.
Man könnte sich beschweren. Wenn man z.B. erst um 5 Uhr ins Hostel zurückkehrt, um 7 aber bereits ready für den großen Hike sein muss. Alice und Darragh schonten sich in dieser Nacht und bezahlten für Träger, sodass sie nur einen kleinen Daypack die grob 5-6 Stunden Wanderung den Berg hochtragen mussten. Ich wollte aber beides machen. Hugo anständig verabschieden und mein Gepäck selbst tragen…
So ist es dann auch gekommen. Mehr oder weniger fit, mit nicht allzu viel Schlaf schnappte ich mir meinen zum Glück vorgepackten Rucksack und tigerte mit den anderen beiden los. Im Ox Office gab es dann erstmal ein leckeres Frühstück, bevor die Ausrüstung verteilt wurde. Mit fünf Liter Emergencywasser, Nutella und den Zeltstangen hatte ich hier das schwerste Los gezogen, nur noch nicht realisiert.
Nach einer etwa einstündigen Fahrt von Antigua auf 1500m zum eigentlichen Trailhead auf grob 2400m blieb uns dann auch nichts weiteres übrig, als einfach los zu laufen. Schon ganz am Anfang war die Steigung extrem hoch, jedoch hat man bei jedem Schritt die Hälfte seiner Hubarbeit wieder verloren, da man im Geröll wieder nach unten gerutscht ist. Auf dieses Weise haben wohl schon manche Teilnehmer in den ersten zehn Minuten abgebrochen. DAS was für uns keine Option. Im Großen und Ganzen muss ich hier auch nicht viel schreiben, es ging halt den Berg hoch. Zu Beginn durch Felder der ortsansässigen Bauern, zwischenzeitlich durch Wälder, die meiste Zeit jedoch exponiert.
Kleine Pausen bauten wir an den Notunterständen ein – Zeit für kleine Nickerchen – ehe es nach der großen Mittagspause eigentlich fast flach zum Basecamp ging. Den Umständen entsprechend habe ich nicht besonders viel auf die Zeiten geachtet. Eines war jedoch klar: Alice, Darragh und ich waren deutlich fitter und schneller als die anderen vier Mitwanderer, sodass die beiden Guides irgendwann entschieden, die Gruppe aufzuteilen: in uns krassen und die anderen nicht so krassen 🙂
Besonders aufregend war zum einen das Wetter, das im Minutentakt von klaren, heißen Sonnenschein ins kühle bewölkte oder gar ins kalte IN einer Wolke Wandern wechselte. Eine Art Donner war ebenfalls regelmäßig zu hören, jedoch war das kein Gewitter, sondern das Eruptieren des aktiven Vulkans Fuego – den man wohl vom Basecamp beobachten können soll.
Als wir aber irgendwann an diesem auf 3550m gelegenen Camp angekommen sind, waren wir alles andere als begeistert, bei dem Anblick der sich bot. Zwar waren wir erleichtert, dass wir es endlich geschafft hatten, jedoch wollten wir auch was sehen. Haben wir aber nicht.
Macht aber nichts. Zelt aufgebaut und erstmal entspannt. Dann fing es auch noch zu regnen an, sodass wir drei Mühe hatten, warm zu bleiben. Als Beschäftigung wählten wir das Spiel „ich packe in meinen Koffer“ und hörten erst auf, als einer unserer Guides rief, dass wir mal aus dem Zelt schauen sollen:
Zu allem Überfluss spannte sich dann auch noch ein Regenbogen zwischen den Vulkanen Fuego und Agua auf:
Der Hund, der uns vom Fuße bis hier hoch begleitet hatte, wurde dann auch immer mehr mein Freund:
Jetzt war es also auch an der Zeit, ein ordentliches Eruptionsbild zu schießen:
Ob nun Lava gespuckt wird, oder nicht, war bei Tageslicht nicht so gut zu beurteilen. Der Hunger machte sich dann ja auch irgendwann breit. Als Abendessen standen Spaghetti mit Tomatensauce, Glühwein und Marshmallows auf dem Speiseplan.Nach dieser ordentlichen Stärkung saßen wir noch eine ganze Weile am Lagerfeuer, quatschen uns die Eindrücke der letzten Stunden von der Seele und genossen einfach die Atmosphäre – denn Fuego wurde nach Sonnenuntergang immer aktiver und spuckte sogar Lava in die Luft. Hier war ich wirklich beeindruckt, das ich so etwas noch nie in einem Leben gesehen habe und auch nie daran dachte, es mal sehen zu können. Glücklicherweise hatte ich meine Canon noch vom frühen Abend auf dem Stativ stehen, sodass ich bei jedem Ausbruch die Möglichkeit hatte, ein Beweisfoto zu knipsen. Hier ist eines von vielen, mit dem ich diesen Tag auch zu beschreiben beende:
Die Nacht war zwar dank des hervorragenden Equipments warm, allerdings mit den Lavabrocken unter der Isomatte im Rücken nicht besonders komfortabel und dank der Sonnenaufgangsmission auch nicht besonders lange. Für das Erklimmen des eigentlichen Gipfels des Acatenangos lagen nämlich noch grobe 500 weitere Höhenmeter in ausschließlich feinem Geröll vor uns – in totaler Dunkelheit. Diesmal allerdings ohne Gepäck, da wir das ja im Camp zurücklassen konnte. Somit war der Aufstieg ein, nunja, Kinderspiel. Zwar merkte man die Höhe ein bisschen an der Atemfrequenz, jedoch war alles im tolerablen Bereich. Schließlich hatte man ja ein Ziel vor Augen:
Das „wir haben es geschafft“ Gruppenbild auf Acatenangos Gipfel auf 3976m zu schießen:
Oder nocheinmal ein kleines Date mit Fuego:
Oder die mystischen Sonnenstrahlen einzufangen:
Oder beim tatsächlichen Nachdenken von Darragh erwischt zu werden. Nein – wirklich nicht gestellt:
Oder dann doch auch noch ein Foto alleine vor Agua:
Nach diesen Bildern ist glaube ich jedem klar, dass sich der Acatenango overnight Hike mehr als lohnt. Klar, es ist nicht leicht, man braucht Willenskraft, wir hatten Glück mit dem Wetter und so weiter – dennoch hätte ich es mehr als bereut, hätte ich diese einmalige Erfahrung nicht gemacht.
Der Abstieg war dann dank der Wegbeschaffenheit ziemlich einfach. Man sprang einfach in das Geröll und rutschte kontrolliert einige Meter bergab, bis man erneut absprang. Auf diese Weise waren wir quasi in Lichtgeschwindigkeit wieder am Trailhead angekommen, wo wir dann ein kühles Bier zur Belohnung tranken – außerdem mussten wir eine Stunde auf den Van warten, weil wir eben so übertriiieben schnell waren 🙂
Zurück in Antigua hatten wir nicht allzu viel Zeit – ehe man das Mittagessen bestellt und gegessen hatte, musste man auch schon wieder bereit für den nächsten Wandertag sein. Dennoch konnte man ein bisschen Eindrücke sammeln:
Für den Vulkan Pacaya waren die Zahlen allerdings weitaus entspannter: Start auf 1900m, Basecamp auf 2300m, Gipfel auf 2552m. Nichts Besorgnis erregendes also. Die Wandergruppe war hier auch deutlich größer, da zum einen mehr von unserer Gruppe, aber auch eine weitere G Adventures Gruppe, die die Tour von Nord nach Süd abreist, mit dabei waren. Hier war also deutlich der Spaß im Vordergrund, als die Wanderung an sich.
Hier sich an alle Namen zu erinnern ist fast eine unmögliche Aufgabe, jedoch waren wir bei den anderen schon „bekannt“, da wir die drei Verrückten waren, die die Nacht vorher eben Acatenango gemeistert hatten. Nun denn, auch hier ging es irgendwann los – im Regen. Die Lauen war merklich im Keller. Gott sei Dank hörte der Regen für das Aufbauen der Zelte erst einmal auf. Somit konnten wir unser Gepäck ins Trockene legen und die erste Erkundungstour Richtung „Lavafields“ starten. Hier konnte man zudem Marshmallows zwischen den Lavabrocken „rösten“ – die Wärme hat mehr als ausgereicht.
Auf dem Rückweg dann die Entscheidung: Bei mittlerweile keinen 20 Meter Sicht den Gipfel erst zum Sonnenaufgang erklimmen, oder jetzt riskieren, und hoffen, dass das Wetter aufklart. Die Guides waren nicht sonderlich begeistert, als die komplette Gruppe einstimmig entschieden hat, es noch heute zu riskieren.
Die beste Entscheidung.
Zu Beginn kämpften wir uns zwar noch mit unseren Stirnlampen abenteuerlich über die Geröllfelder. Etliche sind gefallen und haben sich mit den spitzen Lavakanten sogar verletzt.
Jedoch klarte es schon auf halber Strecke auf, sodass man einen wunderbaren Blick auf Guatemala City hatte:
Oder die frische Lava den Hang herunterlaufen hat sehen können:
Das Highlight war aber der Gipfel an sich. Hier musste man sich die letzten Meter durch beißende Schwefeldämpfe kämpfen, ehe man keine 20 Meter vom aktiven Krater entfernt stand. Dieser spuckte alle paar Minuten rote Lava in den Nachthimmel. Vor ihm zogen immer wieder Wolken vorbei. Am Himmel spannte sich das Sternenfirmament auf. Am Horizont leuchteten die Stadtlichter Guatemala Citys. Und dann steht man da – zwar musste ich Erica aus Italien für dieses Bild verscheuchen, jedoch hat sie mir diese erste Worte an sie nicht übel genommen.
Besonders weil eines meiner absoluten Highlightbilder der gesamten Reise dabei herausgekommen ist:
Nach diesen atemberaubenden Aussichten ging es dann wieder zurück ins Lager. Leider hat hier meine Stirnlampe aufgehört, zu leuchten. Ersatzbatterien behoben das Problem nicht, sodass ich glaube, dass der Controller einfach seinen Geist aufgegeben hatte. Auf diese Weise war der Abstieg für mich ein weeenig schwieriger, da ich schlicht nicht gesehen habe, wo ich hintreten muss. Selbst in einer Gruppe mit Stirnlampen warf mein Körper so große Schatten, dass die Lichtquelle hinter mir auch nicht so viel gebracht hat. Im Geröllfeld dann aber sah ich wie einige andere wirklich Probleme hatten, runterzukommen. Also schnappe ich mir Annas Arm und führte sie in Acatenangospeed den Hang runter während sie Licht spendete. Germany and Canada – win win.
Im Lager gab es dann erneut Spaghetti und Wein. Entspannt. Nach und nach gingen alle ins Bett, bis irgendwann nur noch der harte Kern aus Joe, Alice, Alex, Darragh und mir sich um die restlichen Rotwein-tetrapacks gekümmert hat.
Auch hier war die Nacht nicht besonders komfortabel, geschweige denn lang, denn auch hier war der Plan, den Sonnenaufgang am Vulkan zu sehen. Zwar war die Szenerie hier nicht ganz so malerisch wie am Vortag, was allerdings auch als Jammern auf hohem Niveau bezeichnet werden kann, jedoch war es ein bisschen privater: Musste man auf dem Acatenango den Moment mit bestimmt 50 anderen, fremden und vor allem lauten Wanderern teilen, waren wir hier am Pacaya quasi unter uns.
Erica und ich haben uns dann mit Phillip noch weiter abgeseilt, sodass man den Moment nun wirklich in Ruhe genießen konnte. Hier saßen wir nun, jeder auf seinem eigenen Felsbrocken, und bewunderten das Naturschauspiel.
Zeit, Dinge zu verarbeiten.
Zeit, neue Leute besser kennen zu lernen.
Zeit, eine neue Erfahrung zu beginnen: die Reise durch Guatemala über Belize nach Mexiko!